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Zurück zur ÜbersichtKorrektur einer jahresübergreifenden Umsatzverlagerung
Wenn der Unternehmer entgegen § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 und 4 UStG seine Umsätze nicht bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung, sondern erst für den der nachfolgenden Entgeltvereinnahmung versteuert, kann er die Rechtswidrigkeit der für den Besteuerungszeitraum der Entgeltvereinnahmung vorliegenden Steuerfestsetzung geltend machen, ohne dass dem ‑ im Hinblick auf eine für den Besteuerungszeitraum der Leistungserbringung angenommene Festsetzungsverjährung ‑ eine Analogie zu § 20 Satz 3 UStG entgegensteht. So entschied der Bundesfinanzhof (Az. V R 19/22).
Der zur Entscheidung stehende Sachverhalt bezog sich auf die zeitgerechte Besteuerung der Umsätze gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG in den Fällen, in denen die Steuerpflicht mit der Ausführung der Leistungen eingetreten ist (Soll-Besteuerung). Ein Unternehmen der Kfz-Branche hatte einen Teil der von ihm ausgeführten Leistungen gegenüber einem Automobilhersteller (sog. Garantieleistungen) über einen längeren Zeitraum hinweg erst im Jahr der Vereinnahmung des Entgelts zur Umsatzsteuerpflicht erklärt und nicht nach Beendigung der Ausführung. Dies hatte zur Folge, dass die Umsatzsteuer für diese Umsätze über eine Reihe von Jahren zu spät abgeführt wurde. Nach Feststellung dieses Sachverhalts im Rahmen einer Außenprüfung für 2013 bis 2015 erhöhte das Finanzamt im letzten Prüfungsjahr (hier für 2015) die Umsätze um den zum 31.12. dieses Jahres bereits erbrachten Leistungssaldo. Das Unternehmen beantragte daraufhin eine entsprechende Änderung für die beiden Vorjahre und die Kürzung für 2015. Das Finanzamt nahm diese Änderungen vor, lehnte es aber ab, den zum 31.12.2012 noch offenen Leistungssaldo von der Bemessungsgrundlage für 2013 abzusetzen, weil die Zurechnung im Jahr 2012 aus formellen Gründen nicht mehr möglich war. Das dagegen angerufene Finanzgericht war der Auffassung, dass für 2013 tatsächlich eine Änderung nicht vorzunehmen war, weil für dieses Jahr § 20 Satz 3 UStG zur Anwendung kam. Nach dieser Vorschrift darf bei einem Wechsel von der Ist- zur Soll-Besteuerung kein Umsatz unversteuert bleiben. Dies würde aber hier eintreffen, denn für 2012 sei wegen der eingetretenen Festsetzungsverjährung gem. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO eine Änderung nach § 173 Abs. 2 AO nicht mehr möglich. Daher sei hier § 20 Satz 3 UStG analog anzuwenden.
Der aufgrund der Revision damit befasste Bundesfinanzhof sieht die Rechtslage aber anders. Er hält § 20 Satz 3 UStG aufgrund einer Analogie nicht für anwendbar. Eine analoge Anwendung einer vergleichbaren Vorschrift setze eine Regelungslücke im entsprechenden Gesetz voraus. Diese liege aber hier nicht vor. In § 174 Abs. 4 AO ist vorgesehen, dass bei einer nachträglich anderen Würdigung eines Sachverhalts zu Gunsten des Steuerpflichtigen die zutreffenden Folgen in einem anderen Bescheid zu treffen sind. Die Änderung dieses Bescheids stehe aber unter dem Vorbehalt, dass bei ihm die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Mit dem Eintritt der Festsetzungsfrist erlischt die Steuerschuld für diesen Veranlagungszeitraum und ein erloschener Anspruch kann nicht wieder entstehen. Diese Rechtslage war dem Gesetzgeber bekannt und daher keine offene Regelungslücke, die durch eine Analogie geschlossen werden könne.
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